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Eckpunkte des Arbeitsprogramms 2017/18 der Bundesregierung: Alle zentralen steuer- und abgaberechtlichen Vorhaben im Überblick

Unter dem Titel „Für Österreich“ präsentierte die österreichische Bundesregierung am 30. Jänner 2017 ihr aktualisiertes Arbeitsprogramm des weiterhin gültigen Regierungsprogramms von 2013. Die darin enthaltenen Projekte verfolgen laut der Präambel die übergeordneten Ziele der Senkung der Steuer- und Abgabenquote sowie der Reduktion der Schuldenquote. In den nächsten 18 Monaten sollen dazu insgesamt 44 Vorhaben in Angriff genommen werden, um Klein- und Mittelbetriebe zu unterstützen, der Industrie bessere Rahmenbedingungen zu bieten und 70.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Welche Maßnahmen das 35-seitige Arbeitsprogramm (PDF-Download auf der Website des Bundeskanzleramtes) für ArbeitgeberInnen wie ArbeitnehmerInnen in Aussicht stellt, haben wir für Sie übersichtlich aufbereitet.

Projekte, die vor allem ArbeitgeberInnen betreffen

  • Beschäftigungsbonus für neu geschaffene Arbeitsplätze
    Ab Juli 2017 sollen Unternehmen für jeden zusätzlich geschaffenen Arbeitsplatz (Vollzeitäquivalent) drei Jahre lang 50 % der Lohnnebenkosten erstattet werden. Die Maßnahme wird auf drei Jahre befristet und über die aws (Austria Wirtschaftsservice GmbH) abgewickelt (geplante Umsetzung und Start: Februar 2017 | 1. Juli 2017).
  • Vermeidung von Gewinnverschiebungen ausländischer Konzerne
    Ausländische Konzerne (insbesondere im Online-Bereich) sollen effizienter besteuert werden. Neben den Maßnahmen auf internationaler Ebene (z. B. BEPS-Projekt) soll bspw. die Werbeabgabe auf den Online-Bereich ausgeweitet werden. Im Gegenzug soll die Höhe der Werbeabgabe gesenkt werden (geplante Umsetzung und Start: Juni 2017 | 1. Jänner 2018).
  • Erhöhte AUVA-Entgeltfortzahlung für Kleinstunternehmen
    Für Unternehmen mit einer MitarbeiterInnenanzahl von unter 10 Personen, soll der AUVA-Zuschuss zur Entgeltfortzahlung bei Krankheit von 50 % auf 75 % ausgeweitet werden (geplante Umsetzung und Start: April 2017 | 1. Juli 2017).
  • Erhöhung der Forschungsprämie auf 14 %
    Aufgrund der positiven Bewertung der derzeitigen Forschungsprämie von 12 % auf Aufwendungen für Forschung und experimentelle Entwicklung, soll die Prämie in Zukunft auf 14 % erhöht werden (geplante Umsetzung und Start: April 2017 | 1. Jänner 2018).
  • Vorzeitige Investitionsabschreibung für Großbetriebe
    Betrieben mit einer MitarbeiterInnenanzahl ab 250 Personen soll mit der vorzeitigen Abschreibung von körperlichen Anlagegütern in Höhe von 30 % (betroffen sind v.a. Maschinen; ausgenommen bleiben Gebäude und Pkw) noch im Jahr 2017 ein befristeter Investitionsanreiz geboten werden (geplante Umsetzung und Start: Februar 2017 | 1. März 2017).

 

Projekte, die ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen betreffen

  • Praxistaugliche Entlastung beim Arbeitnehmerschutz/Arbeitsinspektorat
    Mit den Sozialpartnern sollen neue Regelungen ausverhandelt werden, um Themen des ArbeitnehmerInnenschutzes, des Arbeitsinspektionsgesetzes, des Arbeitszeitgesetzes sowie des Arbeitsruhegesetzes praxistauglicher zu gestalten. Beispielsweise sollen Meldepflichten nach dem Arbeitszeitgesetz oder Genehmigungsverfahren durch die Arbeitsinspektion reduziert werden. Zudem wird eine Ombudsstelle für diese Fragen im Sozialministerium eingerichtet (geplante Umsetzung: ab Mai 2017).
  • Flexibilisierung der Arbeitszeit
    Noch im Jahr 2017 möchte die Bundesregierung mit den Sozialpartnern eine gemeinsame Lösung beim Thema der Arbeitszeitflexibilisierung beschließen. Wird diese bis 30. Juni 2017 nicht gefunden, so wird die Regierung im 3. Quartal 2017 einen eigenen Vorschlag umsetzen.
  • Vereinfachung bei Mehrfachversicherung
    Die Mehrfachversicherungspflicht bei der Ausübung mehrerer Erwerbstätigkeiten mit einem Einkommen von über EUR 4.980,- im Monat, soll in Zukunft vereinfacht werden. Anträge müssen dann nicht mehr aktiv gestellt werden, sondern die Sozialversicherung führt bei mehreren Erwerbstätigkeiten eine automatische Beitragserstattung durch (geplanter Start: September 2017).
  • Beschäftigungsaktion für Langzeitarbeitslose und verringerter Kündigungsschutz bei MitarbeiterInnen ab 50+
    Mit der „Beschäftigungsaktion 20.000“ sollen für langzeitarbeitslose Personen mit einem Alter ab 50+, 20.000 Stellen pro Jahr in Gemeinden, gemeinnützigen Trägervereinen und Unternehmen geschaffen werden. Um dies zu finanzieren, werden bis Herbst 2018 EUR 200 Mio. in die Hand genommen. Für über 50-jährige ArbeitnehmerInnen soll zudem der Kündigungsschutz gelockert werden, da man sich vom Wegfall verlängerter Fristen den Abbau eines Beschäftigungshemmnisses verspricht (geplante Umsetzung und Start: März/April 2017 | 1. Juli 2017).
  • „Kultur des Scheiterns“ soll ins Insolvenzrecht
    Um betroffenen Personen von Unternehmens- und Privatinsolvenzen eine rasche Chance auf einen Neustart zu ermöglichen, soll die Frist im Abschöpfungsverfahren auf drei Jahre reduziert werden. Zudem soll die derzeit geltende Mindestquote von 10 % aus eigenen Leistungen zur Gänze entfallen (geplante Umsetzung und Start: März 2017 | 1. Juli 2017).

 

Projekte, die vor allem ArbeitnehmerInnen betreffen

  •  Erhöhung der Mobilität am Arbeitsmarkt: Unterstützung und Zumutbarkeit
    Arbeitslosen Personen, die auf einen nahe gelegenen zumutbaren Arbeitsplatz nicht vermittelt werden können und bereit sind eine entferntere Arbeitsstelle anzunehmen, soll bis zu einem Jahr lang eine zusätzliche Beihilfe gewährt werden. Eine etwaige Übersiedelung soll mit einem Betrag von max. EUR 400,- pro Monat zwei Jahre lang unterstützt werden. Die Zumutbarkeitsgrenze bei der Mindestverfügbarkeit in Wochenarbeitsstunden soll zudem von 16 auf 20 Stunden bei einem Mindestlohn von EUR 1.500,- auf Vollzeitbasis ausgedehnt werden (geplante Umsetzung und Start: Mai 2017 | 1. Jänner 2018).
  • Ausgleich der kalten Progression durch automatische Indexierung
    Die entstehende Steuermehrbelastung aufgrund der Nichtanpassung der Einkommensteuersätze an die Preissteigerung (Inflation), soll durch ein konkretes Modell abgeschwächt werden. Geplant ist, dass ab 5 % angehäufter Inflation die ersten beiden Einkommenstarifstufen von EUR 11.000,- bzw. EUR 18.000,- in Zukunft automatisch indexiert werden. Weitere Maßnahmen sollen aufgrund eines anzufertigenden Progressionsberichtes entschieden werden (geplante Umsetzung und Start: April 2017 | 1. Jänner 2019).
  • Intensivbetreuung bei Vermittlungsproblemen arbeitsloser Personen
    Das Arbeitsmarktservice (AMS) soll bis Anfang 2018 ein neues „Case Management“ einrichten, das arbeitslose Personen mit Vermittlungsproblemen intensiver betreut (geplante Umsetzung und Start: 3. Quartal 2017 | 1. Jänner 2018).

 

UNSER FAZIT

Da sich die Umsetzung der Projekte über das Jahr 2017 erstreckt, bleiben die konkreten Einzelergebnisse und der parlamentarische Gesetzgebungsprozess jedenfalls abzuwarten. Die Terminisierung der jeweiligen Vorhaben und das unterzeichnete Bekenntnis zur Umsetzung legen jedoch nahe, dass mit einem Groß der ausformulierten Maßnahmen zu rechnen sein wird.

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